5 typische Fehler beim Schreiben von Antagonisten

Das Manuskript kann noch so gut sein: Spätestens in den Szenen, in denen der Antagonist auftritt, hapert es oft plötzlich. Denn Autoren reproduzieren beim Schreiben solcher Szenen häufig unbewusst eine Menge Klischees zu Aussehen, Ausdrucksweise und Verhalten des Gegenspielers. Stattdessen ist es wichtig, den Antagonisten bei der charakterlichen Ausarbeitung genauso viel Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen wie der Hauptfigur – denn ein Protagonist ist nur so stark, wie sein Gegenspieler!

1. Bösewichte-Sprech

„Du elender Narr!“
„Wir sind gar nicht so verschieden, du und ich.“
„Du wagst es mich anzugreifen? Mich?!“
„Du verstehst es einfach nicht, oder?“

Das sind nur ein paar Beispiele für die Phrasen, die mir oft in Szenen begegnen, in denen der Antagonist zu Wort kommt. Auch wenn die Dialoge in dem Manuskript ansonsten ganz gut sind, greifen Autoren komischerweise bei den Gegenspielern überdurchschnittlich oft in die Klischee-Kiste. Dadurch geht enorm viel Glaubwürdigkeit verloren. Greifen Sie deshalb nicht auf altbekannte Phrasen zurück, die den Antagonisten zu einer überzeichneten Figur verkommen lassen. Sonst wirken die Gegenspieler schnell austauschbar und verlieren jeden Schrecken.

2. „Ich werde es dir erklären …“

… und schon beginnt ein langer Abschnitt, in dem der Antagonist darlegt, was sein Plan ist und warum er getan hat, was er getan hat. Will er damit zeigen, wie genial oder überlegen er dem Protagonisten ist? Manchmal schon, aber hauptsächlich geht es darum, die Leser mit Hintergrundinformationen zu versorgen – und das merkt man auch. Denn häufig fügen sich diese Erklärungen (oder vielmehr Infodumps) nicht gut in die Szenen ein. Brauchen die Leser diese ganzen Informationen wirklich? Könnte man sie auch anderer Stelle einbauen oder muss tatsächlich der Antagonist selbst seinen Plan erläutern? Solche Erklärszenen in Form von langen Monologen sollten Sie unbedingt vermeiden. Sie wirken nicht nur unrealistisch, sondern bremsen auch die Handlung enorm aus.

3. Ich bin böse, weil es cool ist!

Der Gegenspieler möchte die Weltherrschaft an sich reißen, ist ja klar. Aber wieso eigentlich? Tja, da hapert es oft an einer sinnvollen Erklärung. Ein guter Antagonist sollte einen bleibenden Eindruck hinterlassen, und dazu gehört auch eine nachvollziehbare Motivation und nicht Boshaftigkeit um der Boshaftigkeit willen. Die große Gefahr besteht nämlich darin, dass der Gegenspieler zu einem eindimensionalen Phrasendrescher verkommt, den allein die Gier nach Macht antreibt. Achten Sie deshalb stets darauf, den Charakter des Antagonisten genauso komplex auszuarbeiten wie den des Protagonisten.

4. Hauptsache Schwarz

Wenn wir an das Böse denken, denken wir sofort an die Farbe Schwarz. Deshalb dominiert gerade in der Phantastik Schwarz als Farbe des Bösen: schwarzer Umhang, schwarze Festung, schwarzes Pferd, schwarzes Blut … Das wird auf Dauer etwas langweilig. Mit diesem Klischee kann man jedoch hervorragend spielen und die altbekannten Muster aufbrechen. Denn oft ruhen sich gerade Debütautoren darauf aus, den Antagonisten in Schwarz zu kleiden und sich dann nicht mehr groß Mühe zu geben, seinen dunklen Charakter auf andere – und eindrücklichere! – Art und Weise zu zeigen.

5. Die Mimik des Bösen

Diabolisches Grinsen, höhnisches Lachen, abfälliges Sprechen, verächtliches Klatschen … Durchforsten Sie einmal die Szenen mit dem Antagonisten in Ihrem Manuskript nach diesen Stichwörtern. Die Chancen sind meiner Erfahrung nach groß, dass Sie darauf stoßen werden. Tatsächlich verbindet man dieses Verhalten auch oft mit bösen Gegenspielern, aber genau das ist das Problem: So oft, wie man das schon gelesen hat, jagt das niemandem mehr einen Schauer über den Rücken – man überliest es. Hier sollte man sich unbedingt unverbrauchte Verhaltensmuster überlegen, denn sonst wird der Antagonist schnell zur Witzfigur, über die man nur noch die Augen rollen kann.

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