9 Sätze, die man so nicht schreiben sollte

Als Lektorin liest man jeden Tag. Mal sind die Manuskripte bereits ziemlich gut, manchmal gibt es noch eine Menge zu tun. Doch die folgenden Fehler und Schwierigkeiten finden sich in Manuskripten jeder Qualität. Selbst Bestseller-Autoren passieren diese Patzer!

1. Sie schaute sich um.


Es mag zuerst komisch klingen, aber diesen Satz braucht man so gut wie nie. Zumindest wenn mit „sie“ die Protagonistin des Textes gemeint ist, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird. Da der personale Erzähler sowieso nur das widergibt, was die Hauptfigur selbst wahrnimmt, muss man nicht mit einem Satz darauf hinweisen, dass die Figur sich jetzt umsieht. Stattdessen kann man sofort mit der Beschreibung der Umgebung beginnen und den Hinweis, dass sich die Figur gerade umsieht, einfach weglassen.

2. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er sie an.


Dieser Satz begegnet mir ständig, egal ob in Texten von Schreibanfängern oder versierten Autoren. Das Problem bei diesem Satz: Aufgerissene Augen sind ohnehin schon weit geöffnet. Das Wörtchen „weit“ braucht man deshalb im Kontext von „aufgerissen“ überhaupt nicht. Im Gegenteil, es wirkt unüberlegt und unbeholfen.

3. Er rannte, so schnell er konnte.


Eigentlich ist an diesem Satz nicht viel auszusetzen (außer, dass er schon etwas abgenutzt ist). Vorausgesetzt, die Figur rennt auch tatsächlich so schnell, wie sie kann. Denn oft stößt man ein paar Sätze weiter auf Aussagen wie „er beschleunigte sein Tempo“, was angesichts der Tatsache, dass er schon so schnell rennt, wie er kann, unmöglich ist. Hinzu kommt, dass der Protagonist nach seinem Sprint meistens gar nicht aus der Puste ist, sondern sich in normaler Verfassung der weiteren Handlung widmet. Deshalb gilt: Man sollte immer genau darüber nachdenken, was man eigentlich schreibt.

4. Sie ballte die Hände zu Fäusten.


Wann gab es das letzte Mal eine Situation, in der Sie die Hände zu Fäusten geballt haben? Vermulich ist das schon länger her, denn die Fäuste ballt man seltener, als viele Autoren meinen. Am häufigsten begegnet man diesem Verhalten noch bei Kindern. Man sollte deshalb gut überlegen, ob das Fäusteballen tatsächlich zur jeweiligen Figur und Situation passt. Oder ob man diese Beschreibung einfach aus vielen anderen Büchern unüberlegt übernommen hat.

5. Er legte die Stirn in Falten.


Für das gute alte „Stirnrunzeln“ gibt es mittlerweile die kuriosesten Umschreibungen. „Er legte die Stirn in Falten“ ist da noch die harmloseste, „seine Stirn faltete sich zu einem Gebirge auf“ die wohl kreativste. Das simple „er runzelte die Stirn“ ist wohl dem Trend zum Opfer gefallen, einfache Umstände in ausgefallene Umschreibungen zu verpacken.

6. Ein Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln.


Ähnlich wie beim Stirnrunzeln verhält es sich beim Lächeln. Auch hier finden sich die merkwürdigsten Umschreibungen. Von „ein Lächeln flüsterte auf seinem Gesicht“ bis hin zu „sie verzog die Lippen in freudiger Stimmung“ gibt es hier allerhand Stilblüten. Und die sind bei weitem keine Seltenheit.

7. Ihre Augenbrauen wanderten über ihre Stirn.


Augenbrauen sind in Manuskripten zu allem fähig. Sie „kriechen über die Stirn“, „wandern in den Haaransatz“ oder werden „bis über den Kopf hinaus“ gezogen. Bitte nicht übertreiben! Denn so werden spannende Szenen schnell unfreiwillig komisch.

8. Ich fuhr mir durch die braunen Haare.


Wie oft denken Sie im Alltag an Ihre Haarfarbe? Vermutlich nur sehr selten und erst recht nicht, wenn Sie sich beiläufig mit der Hand durch die Haare fahren. Deshalb sollte man das auch bei den eigenen Protagonisten vermeiden – erst recht bei Ich-Erzählern.
Ein weiterer Klassiker: „Ich folgte mit meinen blauen Augen dem Verlauf der Straße.“ Die „blauen Augen“ sind ein Kommentar von einem außenstehenden Beobachter, nicht von einem Ich-Erzähler oder einem personalen Erzähler. In solchen Fällen spürt man deutlich die Stimme der Autoren, die die Leser mit Informationen versorgen wollen. Doch das Hineinversetzen in die Figur fällt durch so einen distanzierten Kommentar von außen schwer und sollte immer vermieden werden.

9. Eine Minute lang starrten sie sich an, bevor er antwortete.


Eine Minute dauert länger, als man denkt. Oft schreiben Autoren aber über Figuren, die eine Minute warten, nachdenken, innehalten etc. Stellt man sich diese Zeitspanne aber einmal vor, ergeben diese Stellen häufig keinen Sinn mehr. Oft sind es dann doch nur wenige Sekunden statt Minuten.

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